„Starkes Handwerk, leistungsfähiger Mittelstand und funktionierende regionale Strukturen sind notwendige Voraussetzung für nachhaltiges Wirtschaften. Zu dieser Selbstverständlichkeit bekennen sich praktisch alle Politiker nicht nur in Sonntagsreden, sondern auch in der seriösen Auseinandersetzung...

„Starkes Handwerk, leistungsfähiger Mittelstand und funktionierende regionale Strukturen sind notwendige Voraussetzung für nachhaltiges Wirtschaften. Zu dieser Selbstverständlichkeit bekennen sich praktisch alle Politiker nicht nur in Sonntagsreden, sondern auch in der seriösen Auseinandersetzung. Wir glauben, dass dieser Zusammenhang richtig ist: Eine gute ökologische, ökonomische und soziale Entwicklung ist sowohl im ländlichen als auch im städtischen Raum nur so erreichbar. Allein mit industrieller, auf Globalisierung ausgerichteter Wirtschaft ist das nicht zu machen.

Leider ist es so, dass die Bekenntnisse der Politiker häufig nicht so recht zu den tatsächlichen Entscheidungen passen wollen. Es gibt immer wieder gesetzliche Regelungen, die genau das Gegenteil dessen bewirken, was in Reden angekündigt wird. Es geht uns keineswegs darum, dass es eine aktive Förderung von handwerklichen Familienbetrieben geben soll. Uns würde es schon genügen, wenn an vielen Stellen die wettbewerbsverzerrende Begünstigung von Industriebetrieben aufhören würde. Lassen Sie mich zwei Beispiele nennen, die deutlich machen, dass unsere Forderung nach fairen Rahmenbedingungen nicht aus der Luft gegriffen ist:
 
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz regelt unter anderem, wie die Umstellung der Energieerzeugung in Deutschland finanziert wird. Danach wird der handwerkliche Mittelstand eindeutig benachteiligt. Große Industriebetriebe werden von der EEG-Umlage befreit, weil kein Nachteil auf den internationalen Märkten entstehen soll. Das ist ein nachvollziehbares Ziel, lässt aber außer Acht, dass diese Unternehmen in Deutschland teilweise in direkter Konkurrenz zu kleinen Betrieben stehen. Davon ist auch das Lebensmittelhandwerk betroffen. Die Kleinen zahlen die EEG-Umlage, die großen nicht. Das ist, mit Verlaub, staatlich verursachte Wettbewerbsverzerrung.
 
Die Energiewende ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die von allen getragen werden muss, nicht nur von kleinen Unternehmen und privaten Haushalten. Die EEG-Umlage muss deshalb künftig grundlegend anders finanziert werden.
 
Zweites Beispiel: Unsere Unternehmen müssen für alles Mögliche Gebühren zahlen. Zum Beispiel für die Müllentsorgung, die im Lebensmittelbreich teilweise etwas aufwändiger ist, als bei normalen Abfällen. Oder für das Eichen unserer Waagen. Dazu kommen noch spezifische Gebühren für einzelne Gewerke. Bei uns Fleischern sind das zum Beispiel Gebühren für die vorgeschriebene Schlachttieruntersuchung. Gegen diese Gebühren ist im Prinzip nichts einzuwenden, wenn sie transparent und fair gestaltet werden.
 
Sie ahnen es schon: An manchen Stellen ist das eben nicht der Fall. Da gibt es zum Beispiel Staffelgebühren, die kleine Betriebe benachteiligen und große Industrieunternehmen deutlich entlasten. Solche Mengenrabatte sehen wir sehr kritisch. Nehmen wir noch einmal das Beispiel der Schlachttieruntersuchung. Der immer gleiche Verwaltungsakt, die Untersuchung des Tiers durch den Amtstierarzt, kostet pro Tier im kleinen Betrieb das Vielfache im Vergleich zum großen. Auch das ist staatlich verordnete Wettbewerbsverzerrung. Der ohnehin vorhandene Kostenvorteil der Industrie wird noch verstärkt.
 
Politiker, die sich zu Handwerk und Mittelstand bekennen, müssen solche Benachteiligungen ausräumen. Das hat bis hierhin noch nichts mit Förderpolitik zu tun, sondern nur damit, fair und gleich zu behandeln.
 
Aber es ist vielleicht auch lohnend, über die Förderpolitik von Bund und EU nachzudenken. Beim Erhalt regionaler Strukturen können Fördermaßnahmen eine wichtige Rolle spielen, sie müssen aber zielführend und gerecht eingesetzt werden. Das einseitige Fördern von landwirtschaftlicher Fläche bewirkt eher eine weitere Konzentration und wird den Erfordernissen nicht gerecht. Hier braucht es neue Ansätze, die helfen, vorhandene Strukturen zu erhalten. Wir brauchen die bäuerliche Landwirtschaft für die ländlichen Räume und für eine regionale Versorgung. Es ist aus unserer Sicht besser und auch preiswerter, Vorhandenes zu erhalten, anstatt mit großem Mitteleinsatz Ausgleich zu schaffen.
 
Um es in einem Satz zusammenzufassen: Wir fordern von der Politik, dass dem richtigen Bekenntnis zu Handwerk und Mittelstand noch mehr richtige politische Entscheidungen folgen. Eigentlich ist es ganz einfach: Man muss nur das tun, was man in Reden ankündigt.
 
Diese Punkte wären auch allemal lohnender, als sich mit grünen Veggie-Tagen oder ministeriellen Fleisch-Verboten zu beschäftigen. Die ideologische Weltsicht ist da offensichtlich manchen wichtiger als die konkrete Politik. Aber da ist der Wahlkampf ja eine gute Gelegenheit, auch auf echte Zukunftsthemen hinzuweisen.
 
Der Deutsche Fleischer-Verband hat zusammen mit den Landesinnungsverbänden die Positionen des Fleischerhandwerks zur Bundestagswahl 2017 formuliert. Sie wurden in der Gesamtvorstandssitzung am 8. Februar verabschiedet und im Rahmen der Obermeistertagung vorgestellt. Wir rufen alle Vertreter des Fleischerhandwerks dazu auf, dieses Positionspapier als Grundlage für politische Diskussionen im Wahljahr 2017 und darüber hinaus zu verwenden.“

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Quelle: DFV

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