Wer zuviel isst, ist selber schuld

Die 9. Zivilkammer des Landgerichts Bonn hat heute eine Klage auf Schmerzensgeld gegen die Firma Haribo abgewiesen.

(Urteil vom 19. April 2004, Az: 9 0 603/03)

Wer zuviel isst, ist selber schuld

Die 9. Zivilkammer des Landgerichts Bonn hat heute eine Klage auf Schmerzensgeld gegen die Firma Haribo abgewiesen.

(Urteil vom 19. April 2004, Az: 9 0 603/03)

Geklagt hatte eine 48-jährige Berlinerin, die im Zeitraum zwischen November 2002 und Februar 2003 täglich eine 400-Gramm Lakritz-Mischung der Firma Haribo verzehrt hatte. Am 22. Februar 2003 war die Klägerin in ihrer Wohnung zusammengebrochen und musste mit Herzbeschwerden ins Krankenhaus eingeliefert werden. Hier, so die Klägerin, sei eine Abfall der Kaliumkonzentration im Blut festgestellt worden, der lebensbedrohliche Herz-Rhythmus-Störungen ausgelöst habe. In der Folgezeit hat sich die Klägerin bis zum 12. März 2003 in stationärer Behandlung befunden, musste eine dreiwöchige Kur antreten und war noch bis zum 7. Juli 2003 arbeitsunfähig erkrankt.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass allein der Verzehr der von der Fa. Haribo hergestellten Lakritze ursächlich für ihre Beschwerden gewesen sei. Sie macht den in den Lakritzen enthaltenen Inhaltsstoff Glycyrrhizin für das Absinken der Kaliumwerte im Blut mit der Folge eines erheblichen Blutdruckanstieges verantwortlich. Es sei wissenschaftlich nachgewiesen, dass bereits der Verzehr von 50 Gramm Lakritzen ausreiche, um einen normalen Blutdruck auf 140/90 mm/Hg ansteigen zu lassen. Die beklagte Firma Haribo hätte nach Ansicht der Klägerin auf diese Gefährdungen hinweisen müssen. Aufgrund des Umstandes, dass sich die Klägerin wegen des Lakritzverzehrs in Lebensgefahr befunden habe, sei die Firma Haribo zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von mindestens 6.000 Euro verpflichtet.

Das Gericht hat zunächst festgestellt, dass kein Produktfehler im Sinne des § 3 Abs. 1 Produkthaftungsgesetz vorliege. Der Glycyrrhizingehalt der Lakritze liege unter 0,2 %. Aus diesem Grunde bestehe keine Kennzeichnungspflicht nach lebensmittelrechtlichen Grundsätzen bzw. nach den Empfehlungen des Bundesgesundheitsministeriums. Im übrigen sei allgemein bekannt, dass der Verzehr von Süssigkeiten - wie der streitgegenständlichen Lakritz-Mischung - zu Gesundheitsschäden führen könne. Dies gelte für nahezu jedes Lebensmittel im Falle des übermäßigen Konsums. Hierbei komme es nicht darauf an, ob die Klägerin oder die Allgemeinheit über die den Blutdruck erhöhende Wirkung von Glycyrrhizin hinreichend informiert war oder nicht. Es sei nicht erforderlich, vor jeder möglichen Gesundheitsbeeinträchtigung zu warnen, wenn jedenfalls die grundsätzliche Eignung zur Gesundheitsschädigung bei missbräuchlichem Konsumverhalten zu bejahen sei. Dies gelte gerade dann, wenn der Konsument wie im vorliegenden Falle übergewichtig sei. Der Klägerin sei bewußt gewesen, dass bei ihr ein erhöhtes Risiko für Kreislauferkrankungen, Herzkrankheiten oder Bluthochdruck bestand. Dennoch habe sie 12 kg Lakritze pro Monat -insgesamt etwa 44 Kilogramm- verzehrt.

Der Beklagten könne auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie ihre Lakritzmischung in
400-Gramm-Tüten anbiete. Dass damit tendiert oder von der Beklagten auch nur in Kauf genommen würde, dass eine Person diese Packungen über Monate hinweg jeweils täglich verzehre, sei fernliegend.

Gegen dieses Urteil kann die Klägerin Berufung bei dem Oberlandesgericht Köln einlegen.

Quelle: Bonn [ LG-Bonn ]

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