Wettbewerbsvorteile oft geringer als angenommen

Durch die EU-Erweiterung im Mai 2004 ergeben sich sowohl Chancen als auch Risiken. Mitunter sind die Befürchtungen größer, als sie sein müssen. Eine Analyse der Schweinemärkte in Polen, Tschechien und Ungarn zeigt mögliche Trends und Entwicklungen auf. Bestände teils drastisch abgebaut

Fast 60 Prozent der Schweine aller Beitrittsländer bringt Polen in die EU ein. Damit rangiert Polen hinter Deutschland und Spanien an dritter Stelle innerhalb der erweiterten EU. Relevant sind weiterhin noch Ungarn und Tschechien.

Wettbewerbsvorteile oft geringer als angenommen

Durch die EU-Erweiterung im Mai 2004 ergeben sich sowohl Chancen als auch Risiken. Mitunter sind die Befürchtungen größer, als sie sein müssen. Eine Analyse der Schweinemärkte in Polen, Tschechien und Ungarn zeigt mögliche Trends und Entwicklungen auf.

Bestände teils drastisch abgebaut

Fast 60 Prozent der Schweine aller Beitrittsländer bringt Polen in die EU ein. Damit rangiert Polen hinter Deutschland und Spanien an dritter Stelle innerhalb der erweiterten EU. Relevant sind weiterhin noch Ungarn und Tschechien.

Die Tierbestände wurden in den neuen EU-Ländern bis auf wenige Ausnahmen bereits drastisch abgestockt. In Polen blieb der Schweinebestand bislang zwar relativ konstant, jüngste Prognosen lassen nun jedoch einen Rückgang um sieben Prozent erwarten. In Tschechien wurden die Schweinebestände von 1990 bis 2004 um 30 Prozent abgebaut. Am 1. April 2004 zählte man in Tschechien sechs Prozent weniger Schweine als zu Jahresbeginn. In Ungarn werden zurzeit so wenig Schweine gehalten wie seit zehn Jahren nicht mehr. Zusätzlich wird ein nochmaliger Bestandsabbau um bis zu 30 Prozent bis 2006 erwartet.

Schweinepreise schon fast auf EU-Niveau

Der Vergleich mit Westeuropa zeigt, dass sich die Preise immer mehr angleichen: In der Tschechischen Republik wurde aufgrund massiver Proteste  auf Erzeugerseite eine Anhebung der Schweinepreise durchgesetzt. Mitte April befestigte sich der Preis auf umgerechnet etwa 1,00 Euro je Kilogramm Lebendgwicht. Die Bezahlung der Erzeuger erfolgt landesweit überwiegend noch nach Lebendgewicht. Umgerechnet dürfte sich der Preis mit 1,23 Euro je Kilogramm Schlachtgewicht den niedrigsten EU-Schlachtschweinepreisen angeschlossen haben. Einen ähnlichen Trend in der Preisentwicklung gibt es in Polen: In der Woche bis 28. März wurden für die Handelsklassen E und S umgerechnet 1,18 Euro je Kilogramm Schlachtgewicht (kalt) gemeldet. Da die Preisunterschiede zwischen den neuen EU-Ländern und Deutschland geringer geworden sind, dürften sich die Lieferungen von Schlachtschweinen an den deutschen Markt in Grenzen halten.

Qualitäten in Polen noch unbefriedigend

Gegenüber der „alten“ EU ist die Schweineproduktion in Tschechien am ehesten wettbewerbsfähig. Hier dominieren große moderne Anlagen mit guten betrieblichen Ergebnissen. Die Schweine entsprechen sowohl von den Schlachtqualitäten als auch vom Gesundheitsstatus her dem deutschen Niveau.

In Polen liegen die Qualitäten und Leistungen am niedrigsten. Die oft kleinbäuerlichen Strukturen der dortigen Schweinehaltung dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in Polen auch große wettbewerbsfähige Spitzenbetriebe gibt.

Beim Gesundheits- und Seuchenstatus besteht in Polen teilweise hoher Nachholbedarf. In Polen fehlt ein anerkanntes Programm zur Bekämpfung der AujeszkyschenKrankheit (AK). Der besondere Tierseuchenstatus Deutschlands hinsichtlich der Freiheit von AK begrenzt das Verbringen von lebenden Schweinen aus Polen nach Deutschland.

Russland-Exporte unverzichtbar

Polen war bislang ein bedeutender Schweinefleischexporteur. Fast 60 Prozent der gesamten Schweinefleischausfuhren gingen im vergangenen Jahr nach Russland, Weissrussland und in die Ukraine. Russland nahm alleine 41 Prozent aller Exporte auf. Um so bedeutungsvoller sind die weiteren Exportmöglichkeiten dorthin. Jüngste Verlautbarungen aus Moskau deuten Schwierigkeiten an. Zurzeit finden Gespräche statt, die die Ausfertigung von einheitlichen Veterinärzertifikaten zwischen Russland und der EU einschließlich der neuen EU-Länder zum Inhalt haben.

Hingegen sind Ungarns Hauptabsatzmärkte für Schweinefleisch Spanien, Japan, Italien und Südkorea. Lebendschweine wurden nach Rumänien, Bosnien-Herzegowina, Griechenland und Spanien ausgeführt. Mit dem absehbaren Produktionsrückgang erwarten Marktkenner geringere Drittlandsexporte.

Anders verhält sich die Situation in Tschechien. Hier wird mehr Schweinefleisch ein- als ausgeführt.

Warenströme werden internationaler

Da die Kaufkraft in den neuen EU-Ländern langsam steigen wird, wird sich auch der Verbrauch von Fleisch erhöhen. Dies wird besonders für Geflügel- und Schweinfleisch zutreffen. Nach EU- Prognosen dürfte der Verbrauch schneller wachsen als die Produktion. Damit könnte ein neuer bedeutender Absatzmarkt für die EU entstehen. Dänemark, der weltweit größte Schweinefleischexporteur, möchte seinen Absatz in den Beitrittsländern in den folgenden Jahren vervierfachen.

Die zollfreien Importkontingente der EU wurden von den Beitrittsländern in der Vergangenheit nur wenig genutzt. Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass sich die Importe in Grenzen halten werden. Jedoch waren bislang die Formalitäten zum Erhalt von Lizenzen (Kautionen, langfristige Antragstellungen und Genehmigungen) eher handelshemmend.

Polen verfügt über eine bedeutende Wurstproduktion. Laut polnischer Wirtschaftsnachrichten will die Fleisch verarbeitende Industrie den Absatz in die bisherige EU kräftig ausbauen. Im aktuellen Fleischverkauf hörte man jedoch auch schon von Lieferungen aus den bisherigen EU-Ländern in die Beitrittsländer. Somit scheint sich zu bestätigen, dass für die alte EU ein größeres Absatzpotential entsteht.

Fleischverarbeitung steht vor Konsolidierung

Selbst die führenden modernen Unternehmen in den neuen EU-Ländern stehen vor einem Konsolidierungskurs: Ein geringer Spezialisierungsgrad, geringe Auslastungen der Schlacht- und Verarbeitungskapazitäten, hoher Personaleinsatz und Modernisierungsbedarf benötigen große Investitionen, die mitunter nur von ausländischen Investorengruppen finanziert werden können.

Die Auslastung der Schlacht- und Verarbeitungskapazitäten in großen modernen Betrieben liegt oft unter 50 Prozent. Die Viehanlieferungen und -erfassungen in Polen

sind aufgrund der kleinbäuerlichen Strukturen erschwert. Zusätzlich stehen die polnischen Unternehmen bei der Rohstoffversorgung im Wettbewerb mit ausländischen Viehhändlern. Ausländische Viehhandelsunternehmen bieten den Bauern teils spürbar höhere Preise als inländische Schlachtunternehmen.

Quelle: Bonn [ zmp ]

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